Baurecht | Bei Änderungsanordnung zahlt der Bauherr für den Stillstand

Montag, 26.April 2021

Baurecht. Auch die Kosten des Stillstands von Baugeräten, die zur Ausführung von Folgegewerken benötigt werden, gehören zu den Mehr- bzw. Minderkosten einer geänderten oder zusätzlichen Leistung.

OLG Köln, Urteil vom 3. Februar 2021, Az. 11 U 136/18

DER FALL

Eine öffentliche Auftraggeberin beauftragte ein Unternehmen mit dem Gewerk Schadstoffsanierung und Abbrucharbeiten beim Teilrückbau einer aus mehreren Gebäudeteilen bestehenden Justizvollzugsanstalt. Nachdem eine erhöhte Asbestbelastung im Wirtschaftsteil des Gebäudes festgestellt wurde, kommt es dort zu Mehrleistungen. Dadurch kann der Zellentrakt nicht im direkten Anschluss abgebrochen werden, sondern erst nach einem 32-tägigen Stillstand. Aufgrund dessen stehen auch zwei Kettenbagger, die für die Abbrucharbeiten benötigt werden, still. Diese Stillstandskosten sind Gegenstand des Klageverfahrens: Das Unternehmen klagt die Kosten bei der Auftraggeberin ein.

DIE FOLGEN

Anders als das Landgericht verurteilt das Oberlandesgericht Köln die Auftraggeberin dazu, dem Unternehmen die Kosten für den eingetretenen Gerätestillstand zu vergüten (§ 631 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B). Das Unternehmen kann einen Ausgleich für die Kosten, die ihm durch den Stillstand der Baugeräte entstanden sind, verlangen. Denn ihm sind solche Kosten infolge der Anordnung der Auftraggeberin entstanden, geänderte bzw. zusätzliche Leistungen im Zuge der dem Abbruch vorhergehenden Schadstoffsanierung durchzuführen. Dieser Anspruch auf die Vergütung erfasst laut dem Oberlandesgericht auch solche Mehrkosten, die sich mittelbar aus den Auswirkungen der geänderten oder zusätzlichen Leistungen auf die Bauzeit ergeben. Für die Berechnung der Stillstandskosten greifen in einem solchen Fall im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Maßstäbe, nach denen die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge als interessengerechte Lösung anzusehen sind. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

WAS IST ZU TUN?

Ob im Falle einer Änderungsanordnung mittelbar entstandene Gerätestillstandskosten als Teil des Mehrvergütungsanspruchs oder als Schadenersatzanspruch anzusehen sind und in welchen Fällen die Abrechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Mehrkosten oder aber vorkalkulatorisch zu berechnen ist, wird nun im Rahmen der Revision durch den Bundesgerichtshof entschieden. Parteien in ähnlich gelagerten Fällen haben bis dahin im Einzelfall die Möglichkeit, ein gemeinsames vertragliches Verständnis zu entwickeln, ob solche mittelbaren Kosten infolge einer Änderungsanordnung vergütet werden sollen. Sie können auch aushandeln, welche Methoden der Preisanpassung oder welche einzelnen Teilelemente der Preisbildung sie vereinbaren möchten.

Quelle: Immobilienzeitung vom 15. April 2021 | IZ15-2021 | Seite 12