Bau-/Architektenrecht | Architekt darf keinen Widerspruch für den Bauherrn führen

Mittwoch, 28.April 2021

Bau- und Architektenrecht. Ein Architekt darf den Bauherrn nicht in einem Widerspruchsverfahren vor der Baubehörde vertreten. Eine solche rechtsberatende Tätigkeit ist ihm grundsätzlich nicht erlaubt.

BGH, Urteil vom 11. Februar 2021, Az. I ZR 227/19

DER FALL

Die örtliche Rechtsanwaltskammer stellte fest, dass eine Architektin ihre Bauherren in einem Widerspruchsverfahren beraten und vertreten hatte: Zunächst hatte die Behörde die Bauvoranfrage, die die Architektin für die Bauherren gestellt hatte, negativ beschieden. Sodann hatte die Architektin Widerspruch eingelegt und ein – erfolgloses – Widerspruchsverfahren geführt. Schließlich führte sie für die Bauherren ein Verfahren zu den Kosten des Widerspruchsverfahrens. Die Rechtsanwaltskammer mahnte die Architektin ab und untersagte ihr die rechtsberatende Tätigkeit. Dies stützte die Kammer auf die §§ 3 und 5 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Nach Urteilen in erster und zweiter Instanz hatte schließlich der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

DIE FOLGEN

Die Rechtsanwaltskammer bekam Recht. Weder das rheinland-pfälzische Architektengesetz noch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) oder das BGB bzw. sonst ein Gesetz erlauben der Architektin ihre rechtsberatende Tätigkeit, stellte der BGH fest. Grundsätzlich ist eine Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten durch Architekten nicht erlaubt. Eine erlaubte Rechtsdienstleistung als Nebenleistung einer Architektenleistung liegt nur vor, wenn der Schwerpunkt der Tätigkeit auf nicht-rechtlichem Gebiet liegt. Das ist hier aber nicht der Fall gewesen, so das Gericht. In Angelegenheiten des öffentlichen Baurechts kommt dem Widerspruchsverfahren ein so erhebliches Gewicht zu, dass Rechtsdienstleistungen, die sich darauf beziehen, nicht zum Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Architekten gehören. Dessen rechtsberatende Tätigkeit ist begrenzt auf die fachliche und organisatorische Unterstützung des Bauherrn.

WAS IST ZU TUN?

Grundsätzlich betonte der BGH in seinem Urteil zwar die Entwicklungsoffenheit bestehender Berufsbilder: In einer sich wandelnden Welt verändern sich auch klassische Berufe. Allerdings ist § 3 RDG ein Verbraucherschutzgesetz, dessen Sinn und Zweck es ist, Rechtssuchende, Rechtsverkehr und Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen. Das ist vereinbar mit Europarecht und dem Grundgesetz. Architekten ist zu empfehlen, bei auftretenden Rechtsfragen dem Bauherrn zu raten, einen Anwalt zu beauftragen. Denn ansonsten drohen – neben der Abmahnung durch die Rechtsanwaltskammer – mindestens folgende Probleme: Erstens haben Architekten im Zweifel keinen Anspruch auf Vergütung für Rechtsberatung. Zweitens drohen bei einer Falschberatung Schadenersatzforderungen. Und drittens schließlich sind diese nicht von der Berufshaftpflichtversicherung der Architekten gedeckt.

Quelle: Immobilienzeitung vom 22. April 2021 | IZ16-2021 | Seite 12