Finanzamt: Kaufpreisaufteilung mittels typisiertem Schätzverfahren
Mittwoch, 10.April 2019
Droht erhöhte Steuerlast bei Massenverfahren?
Bei der Anschaffung von Grundstücken spielt die Aufteilung des Kaufpreises (inkl. Anschaffungsnebenkosten z.B. Makler, Notar, Grunderwerbsteuer) eine große Rolle. Denn je höher der Gebäudewertanteil ist, umso größer sind die steuerlich relevanten Abschreibungen. Im Umkehrschluss steigen also die steuerlichen Nachteile mit dem Bodentwertanteil.
Seit Januar 2015 wendet das Finanzamt ein spezielles Tool zur Berechnung dieser Anteile an. Diese Arbeitshilfe zur Aufteilung von Kaufpreisen ist übrigens für jedermann zugänglich. Seitdem werden mithilfe dieses Tools sämtliche Kaufpreisaufteilungen von der Finanzbehörde vorgenommen.
Was zeigt die Praxis? Ich habe mich im Rahmen von vorliegenden Aufträgen über Kaufpreisaufteilungen intensiv mit der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums befaßt und zu dem Thema auch zwei Seminare bei Herrn Michael Roscher (Bundesministerium der Finanzen) besucht.
Mein Fazit: Das Programm ist erstaunlich gut hinsichtlich der Ergebnisse. Aber warum bietet unser Sachverständigenbüro dann die Prüfung von Kaufpreisaufteilungen an? Die Krux liegt – wie so häufig – in den eingegebenen Zahlen und bekannten Fakten.
In aller Regel erfasst der ensprechende Beamte die vorliegenden Zahlen (Lage, Grundstücksart, Datum Kaufvertrag, Baujahr, Grundstücksgröße, Kaufpreis, Wohn-/Nutzfläche) nach Maßgabe des Steuerpflichtigen. Der Bodenrichtwert wird über einen Link angesteuert und kann somit recht komfortabel recherchiert werden. Es handelt sich somit um sieben Daten, die der Steuerpflichtige liefern muss – aber hier liegt in der Realität nun auch sehr häufig der „Hase im Pfeffer begraben“. Denn im Alltag werden diese Daten häufig ungeprüft dem Makler-Exposé entnommen.
Aber auch das Berechnungstool hat einige Schwachstellen, so sieht es beispielsweise kaum eine Anpassungsmöglichkeit des Grund und Bodens vor. Außenanlagen werden pauschal mit 3% angesetzt und etwaige Besonderheiten werden gar nicht berücksichtigt. Wie gerade bereits zu lesen war – es handelt sich um ein Schema – dieses Berechnungstool ist ein typisiertes Verfahren, d.h. schlicht und ergreifend ein Massenverfahren. Es liefert im Großen und Ganzen vernünftige Ergebnisse, aber eben nicht immer. Hinzu kommt, dass die Kaufpreisaufteilung von der Einkommenssteuerstelle vorgenommen werden und der Beamte in der Regel keine bewertungstechnischen Vorkenntnisse besitzt. So hatte ich in der Praxis bereits einen Fall, in dem versehentlich der falsche Bodenrichtwert verwendet wurde. Allein diese Richtigstellung machte im Ergebnis bereits über 3% aus.
Sobald ein Objekt von der Norm abweicht, kommt es zu Differenzen. Da wir es in aller Regel eben nicht mit Normobjekten zu tun haben, liegt in den meisten Fällen eine Abweichung vor. Das hat der Gesetzgeber erkannt und ermöglicht dem Steuerpflichtigen den Nachweis mittels eines Sachverständigengutachtens zu führen.
Die typisierte Kaufpreisaufteilung ist somit „nur“ eine qualifizierte Schätzung, die sachverständig begründet widerlegbar ist. Für Sie gilt als erster Anhaltspunkt: ist das Gebäude noch im Urspungszustand (d.h. Ursprungsbaujahr) oder wurde bereits moderniert? Falls ja könnte eine Überprüfung bereits auf Abschreibungspotentiale hinweisen.
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