Mietrecht | Umfassend sanierte Wohnung muss Neubau gleichen

Donnerstag, 18.März 2021

Mietrecht. Die Modernisierung von Wohnraum ist umfassend, wenn sie eine Gleichstellung mit einem Neubau rechtfertigt. Dies gilt in der Regel auch für die energetischen Eigenschaften.

BGH, Urteil vom 11. November 2020, Az. VIII ZR 369/18

DER FALL

Die Mieter einer Wohnung verklagen ihren Vermieter. Die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete beträgt 1.199 Euro, der Vormieter bezahlte noch 485 Euro. Während die Wohnung leer stand, ließ der Eigentümer umfangreiche Arbeiten durchführen: Es wurde die Elektrik erneuert, Heizungsrohre in den Fußboden verlegt, erstmals eine Küche eingebaut, Bad und Küche gefliest, Parkett verlegt und das Bad erneuert. Die Mieter rügen einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe („Mietpreisbremse“, §§ 556d ff. BGB), da die Nettokaltmiete zu Beginn des Mietverhältnisses die zulässige Höchstmiete um mehr als 10% überschreitet. Sie verlangen Auskunft über die Sanierungskosten, die Rückzahlung eines nach ihrer Auffassung die zulässige Höchstmiete übersteigenden Betrags und die Feststellung, dass sie die überhöhte Miete nicht bezahlen müssen.

DIE FOLGEN

Der BGH verweist die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. „Umfassend“ sanierte Wohnungen sind von der Mietpreisbremse ausgenommen, und nach der Gesetzesbegründung zu § 556f S. 2 BGB ist eine Modernisierung dann umfassend, wenn sie nach ihrem Umfang eine Gleichstellung mit Neubauten rechtfertigt. Dafür ist ein wesentlicher Bauaufwand notwendig, was der Fall ist, wenn die Baukosten mindestens ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands – ohne Grundstücksanteil – erreichen. Dies kann durch den Tatrichter aufgrund objektivierbarer statistischer Daten geschätzt werden. Enthält der Bauaufwand auch Kosten, die für eine Instandhaltung bereits abgenutzter, beschädigter oder aufgrund der Nutzungsdauer verbrauchter Bauteile aufzuwenden sind, ist diese Summe abzuziehen. Es handelt sich um Erhaltungskosten, die keine Mieterhöhung rechtfertigen, selbst wenn die Wohnung sich danach im neubauähnlichen Zustand befindet. Zudem muss die Wohnung nach der Sanierung auch in energetischer Hinsicht größtenteils einem Neubau entsprechen. Eine Modernisierung ohne energetische Verbesserungen dürfte nur in Betracht kommen, wenn umfangreichste Arbeiten durchgeführt wurden und energetische Maßnahmen im Einzelfall z.B. am Denkmalschutz scheitern.

WAS IST ZU TUN?

Bei Sanierungen darf die energetische Modernisierung keinesfalls außer Acht gelassen werden. Der Zustand vor der Modernisierung sollte dokumentiert werden, damit abgrenzbar ist, was sanierungsbedürftiger Altbestand war und deshalb nicht berücksichtigt werden darf. Es ist darauf zu achten, dass keine Kosten in die Berechnung einbezogen werden, die schon beim Altmieter aufgewandt wurden.

Quelle: Immobilienzeitung vom 18. März 2021 | IZ 11-2021 | Seite 12